Wann steht mir ein Pflichtverteidiger zu?

Ganz überwiegend wird ein Pflichtverteidiger beizuordnen sein, wenn eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und mehr zu erwarten ist.

Auch wenn dem Beschuldigten der Widerruf einer Bewährung droht, kann das die Schwere der Schuld und damit die Beiordnung eines Pflichtverteidigers begründen.

Anders als im Zivilrecht gibt es im Strafrecht keine Verfahrenskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe, die zunächst aus der Staatskasse übernommen werden.

Ob und inwieweit einem Beschuldigten oder Angeklagten am Pflichtverteidiger zusteht ist in § 140 StPO geregelt. Dort wird die Pflichtverteidigung auch notwendige Verteidigung genannt. Es heißt dort folgt:

§ 140 StPO

Notwendige Verteidigung

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1. zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;

2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;

3. das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;

4. der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129
einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;

5. der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;

6. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;

7. zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;

8. der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;

9. dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;

10. bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;

11. ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.

(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

Kosten der Pflichtverteidigung

Ein weit verbreiteter Irrtum ist wohl auch, ein Pflichtverteidiger würde aus der Staatskasse bezahlt. Die Staatskasse geht bei einem Pflichtverteidiger lediglich in Vorleistung und holt sich die verauslagten Kosten bei einer Verurteilung vom Angeklagten wieder.

Es ist also ein Irrtum, dass ein vom Gericht für den Beschuldigten bestellte Pflichtverteidiger kostenlos sei.

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